Christel Fetzer | Texte | ||
Katalogtext von Philippe Van Cauteren zu "Where do you catch the bus for tomorrow" | |||
"Burning Wood" von Susanne Burmester | |||
Lean On Me * von Philippe Van Cauteren zu "...es war Tom Sawyer" | |||
Out Of Sight - von Jochen Heufelder | |||
Die Chromatik der Gummibänder - von Manfred Schneckenburger | |||
WYSIWYG von Philippe Van Cauteren zu "ENTREZ" | |||
Baumblühn, von Bernhart Schwenk | |||
GRÜNGRÜNGRÜN von Bettina Dziembowski | |||
Katalogtext
von Philippe Van Cauteren zu "Where do you catch the bus for tomorrow" Brief (1) : an Christel Fetzer Ich habe mich entschlossen, Dir einen Brief zu schreiben. Texte über Kunst sind oft zu abwesend und zu distanziert. Von dem Autor wird eine Wahrnehmung von Kunst verlangt, die sich in ihrer Objektivität verliert. Deinen Arbeiten gegenüber will ich aber nicht objektiv sein. Ich will über das schreiben, was ich sehe und ersehne. Es ist ja nicht zufällig, dass ich einen älteren Text über deine Arbeiten WYSIWYG (What you see is what you get) genannt habe. Ein direktes – fast phänomenologisches – Erfahrungsdenken. Der Anlass dafür war deine Beteiligung an einer Ausstellung in der Fuhrwerkswaage in Köln. Entrez-vous war der Titel der Arbeit. Aber es könnte genausogut Entre nous genannt werden. Zwischen uns. Für mich hat die Entdeckung und Wahrnehmung deiner Arbeiten nämlich immer mit einer Begegnung oder Konfrontation zu tun. Es ist eine Begegnung mit einem Objekt, das ich sowohl als Skulptur, Malerei und Installation deuten kann. Es ist eine Wahrnehmung von Oberfläche, Details und von Form. Aber es ist auch eine Begegnung mit der Kunstgeschichte. Deine Formengrammatik und die verwendeten Materialien erinnern mich an kunsthistorische Positionen aus den 60er und 70er Jahren. Aber es ist mehr und anders. Mit deinen Arbeiten irritierst du die Kunstgeschichte. Du machst durch die Verwendung von oft giftig farbigen Flächen deine zeitgenössische Korrektur von einem existierenden skulpturalen Korpus. Ich bin bei deinen Arbeiten immer fasziniert gewesen durch das, was ich am besten umschreiben kann als ‘selbstverständlich’ oder ‘funktional’. Holzlatten stehen angelehnt gegen ein Betonvolumen, so wie sie dort immer gestanden haben. Und bei Out of sight hat sich neben ein Gartenhaus ein aus unterschiedlichen Teilen geformtes Holzvolumen niedergelassen, das scheinbar schon immer da war. Ich möchte ja in diesem Zusammenhang doch gerne ein kurzes Zitat von meinem Freund – dem Zoologen und Kunsthistoriker – Dr. Martin von Ringleben anbringen. In einem Text (Lean on me, Detmold 2003) über deine Arbeit hat er folgendes geschrieben: „Fetzer lässt Holz lehnen. Die Arbeit liest sich wie eine 24 Meter lange polychrome Partitur. Die Farben werden zu Tönen der Installation, die unterschiedlichen Dimensionen wirken als serielle Rhythmisierung. Das Lehnen verspricht uns eine Ambiguität. Ist es eine Skulptur, die zur Malerei wird? Oder ist es eine Malerei, die sich als Installation bezeichnen lässt? Das einzige was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass sich verschiedene Holzformen ganz natürlich an einen Betonkörper lehnen. Und dies mit eine formalen Klarheit, als wäre es die Künstlerin selbst, die sich an die Seilreisanlage lehnt.“ Auch von Ringleben hat es – hier im Bezug auf die Detmolder Arbeit - über deine Selbstverständlichkeit. Oder schaffst du es nur den Betrachter Kunst als selbstverständlich anzubieten? Aber jetzt komm ich wieder zu diesem ‘zwischen’. Deine Arbeiten setzen sich nicht nur mit einem ‘zwischen Betrachter und Arbeit’ auseinander. Noch viel mehr, mit dem was sich zwisschen dem Kontext und deiner Arbeit abspielt. Oder im Innen- oder Aussenbereich abspielt, jedes mal wird die Architektur oder die Umgebung Teil deiner Arbeit. Die Autonomie deiner ‘Skulpturen’ ist in einer atmosphärischen Verbindung mit dem Kontext zu finden. Ich könnte das Wort klimatologisch im diesem Rahmen anwenden. Ein Gefühl für Wahrnehmung und Verständnis, das weiter geht als nur formale räumliche Qualitäten. Etwas was ich in deinen Arbeiten wieder finde und eigentlich von jeder Kunst erwarte. Fetzer’s Holzwege.
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Burning Wood von Susanne Burmester Wie ein unterirdisches Zwillingspaar liegen unter den Nutzräumen des Alten Rentamtes nahe der Kirche St. Marien zwei weiß getünchte Gewölbekeller ungefähr gleicher Abmessung. Kellerfenster öffnen sich zur Kirchstraße hin. Eine steile Kellertreppe aus Stein führt hinunter....Christel Fetzer nutzt das hintere Gewölbe, das durch einen offenen Zugang zu erreichen ist. Betrachter betreten den Raum und befinden sich mitten in der Installation. Die Stirnseite besteht aus groben Feldsteinen. Ihren kalten Glanz und die Farbigkeit der Findlinge bezieht die Künstlerin in ihre Arbeit ein. Christel Fetzer hat mit ihrer Installation „Burning
Wood“ eine Arbeit entwickelt, die sich auf den spezifischen Ort
bezieht. Schon beim Eintritt in das Alte Rentamt ist aus dem Gewölbekeller
ein Knistern vernehmbar, knallende Geräusche aufsprühender
Funken verstärken den Eindruck, dass ein Feuer brennt. Im Keller
liegen Scheite von Birkenholz, ein kaltes Feuer brennt in Echtzeit als
Projektion. Lautsprecher und Kabel, teilweise mit Klebeband in Leuchtfarben
verkleidet, machen die Künstlichkeit der Installation deutlich.
Spiegelfolie bedeckt den Boden und multipliziert vielgestaltig die Projektionsfläche. Susanne Burmester |
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Lean On Me * von Philippe Van Cauteren
Wer kennt nicht das PHOTO VON Pablo Picasso,
auf dem er mit gespreizten Beinen und gekreuzten Armen in seinem Atelier
vor reiner seiner Malerinnen steht. An diesem Photo interessiert mich
nicht der Künstlermythos Pablo Picasso, sondern die Art und Weise,
wie er seine Malereien nicht hängt, sondern einfach an die Wand
lehnt und auf den Boden stellt. Schaut man sich mehrere Photos von Künstlerateliers
des 19. und 20. Jahrhunderts an, dann könnte das Lehnen zum Studienobjekt
werden. Lehnen ist eigentlich ein Zustand oder eine Handlung, die kulturell
und menschlich ist. Nur der Mensch lehnt sich an etwas oder lässt
Objekte lehnen. Lehnen ist eine Pose, eine Haltung, die eine bestimmte
Affekte wie zum Beispiel Männlichkeit, Selbstsicherheit und Kraft
inkorporiert.
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Out Of Sight - von Jochen Heufelder Das Leben in einer Schrebergartenkolonie ist geprägt von der Gestaltung
der eigenen Parzelle wie auch dem Bestreben, möglichst erfolgreich
zu pflanzen und zu ernten. Die vorgegebene Unterteilung in den Nutz-
und Zierbereich mag da Beschränkung sein, wer hier jedoch einen
Garten pachtet, weiß vorher um diese Rahmenbedingungen. Der Aufwand,
der betrieben werden muß, um einer „Scholle“ möglichst
hohe Erträge abzuringen, ist mitunter recht hoch. Jochen Heufelder, Privatgrün, Kunst im privaten Raum, Köln 2004 |
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Die Chromatik der Gummibänder
- von Manfred Schneckenburger zu "Surrounded Concret" Nahe bei den vier Ecken des rektangulären Gartenareals stehen vier kubische Sockel. Früher trug jeder von ihnen eine Skulptur. Heute stehen sie leer – eine Herausforderung für Künstlerinnen und Künstler. Heinz Breloh erneuerte die ursprüngliche Funktion und platzierte große Terrakottaschalen mit Cupidofiguren darauf. Die Brüder Maik und Dirk Löbbert machten sie zur Basis riesiger Luftballons, die über dem Gartenviert ein imaginäres stereometrisches Gerüst aufrichteten und es wie fliegende Bojen markierten. Christel Fetzer wählt einen vollkommenen anderen
Ansatz. Sie macht die Sockel selber zum Thema und gibt jedem die Qualität
eines Ecksteins besonderer Art. Sie verdichtet die leicht verschluderte
Geometrie des Grundrisses - ein rechtwinkliges Wegsystem, niedrige Terrassen,
geschnittene Hecken – in vielfach repetierten Horizontalen. Sie
zieht dabei ca. 150 Meter waagrechter Linien über jeden Block.
Diese Eckmarkierungen bindet die Wege zusammen und gibt ihnen viermal
starken Halt. Sie verspannt das Gelände durch Pointierung und nimmt
es in den Griff. Der Garten gewinnt ein Stück seiner ehemaligen
regulierenden Energie zurück. Deshalb vergleicht die Künstlerin
ihre Arbeit zu Recht mit der eines Gärtners, „der versucht,
eine Ordnung in die sonst wilde wuchernde Natur zu bringen“. Beziehungen zur Malerei sind nicht zu übersehen. Denn die Sockel werden nicht nur horizontal strukturiert, sondern chromatisch interpretiert. Frontal oder von der Seite gesehen, ergeben sich Farbfelder, die an einschlägige Bilder erinnern. Auch ein Schuß Op-Art kommt ins Spiel. Dennoch zielt Christel Fetzer auf keine malerische Strategie. Wie ihr Lehrer Ruthenbeck antwortet sie auf einen harten Kern mit einem weichen Material. Sie behauptet dabei durchaus ihre Authentizität, die stets um Farben kreist. Um Farben, die mit dem Material (in diesem Fall Gummi) vorgegeben sind. Der malerische Effekt geht im Objekt auf, das Objekt identifiziert sich mit dem malerischen Effekt. Wir bleiben also im Raum einer künstlerischen Methode, die Farbe als Readymade übernimmt und setzt. Ich erinnere mich an die ersten, frühen Aquarelle von Christel Fetzer. Ein offenes Fließen, das im gestischen Psychisches freisetzt. Dann die Neuorientierung und Festigung: Pigment wird mit Wachs gemischt, aus dem Christel Fetzer massive Blöcke und Balken formt – Farben als Baumaterial zum Legen, Stellen, Schichten. Farbe als Objekt. Doch in Farbwahl und Komposition steckt immer noch ein privater und persönlicher Rest. Also geht die Künstlerin zu hochglänzenden Lackfolien über, die sie wie Kissenpolster unterfüttert. Sie erschließt sich damit ganze Rauminszenierungen zwischen kompaktester Nähe und kühler Abweisung. Mit „Deusserbändern“ im Vorgebirgspark weitet sie das ins Landschaftliche aus. An der Identität von Material und industriellem Kolorit hält sie fest. Die Gummizüge passen sich der Sockelform an, ziehen sie vielfach nach – und transzendieren sie durch ihre farbige Aktion. Sie bestätigen ihre Masse und lösen diese gleichzeitig auf. Ein Eingriff, der unsere Wahrnehmung des Parks in farbige Schwingung versetzt. |
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WYSIWYG von Philippe Van Cauteren
zu "ENTREZ" 1 .„Das reduzierte geometrische Formvokabular und die häufige Verwendung vorfabrizierter Elemente bis hin zur Mechanisierung des gesamten Herstellungsprozesses...“ Dieses Satzfragment ist kein Zitat aus einem Text über die neuen Arbeiten von Christel Fetzer – aber es könnte so sein. Der Satz stammt von Sebastian Egenhofer, der in Dumonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst das Lemma Minimalismus unter die Lupe nimmt. Unabhängig davon ob Christel Fetzer sich an dem „historischen“ Minimalismus orientiert oder nährt, sicher ist, dass die Arbeitslogik und Materialverwendung des Minimalismus in Christel Fetzers Arbeiten latent anwesend sind: sie sind fortwährend schwanger mit Form und Raum. 2. Im Oktober 2003 realisierte die Künstlerin
unter dem Titel „es war Tom Sawyer“ eine ortspezifische
Installation für das art kite museum in Detmold. Außerhalb
des Museums, einem damaligen Flugzeughangar, befindet sich eine 24 Meter
Lange Seilreißanlage aus Beton. Gegen den geometrischen Betonkörper
lässt Christel Fetzer über die ganze Länge unterschiedliche
Holzstücke lehnen. 3. Beim verlassen von Christel Fetzers Atelier in Köln bekomme ich eine mit kleinformatigen Aquarellen in die Hand. „Und das ist was ich zu Hause mache“, sagt die Künstlerin. Die Aquarelle sind schnell gemachte, lebendige Wiederholungen von dem gleichen Motiv: Berge. Christel Fetzer ist im Grunde genommen eine Malerin. Aber eine Malerin die den Duktus des Malens hinter sich lässt und durch die Verwendung von industriell vorgefertigten Materialien (Lack, Plastikfolie, Klebebänder, Neonröhren, Deuserbänder, Holzsorten...) die Spannung zwischen Fläche, Form, Farbe und Raum untersucht. Reflexionen einer Spiegelfolie auf dem Boden sind ihr fast ebenso wichtig wie die eigentliche Arbeit. Manche Arbeiten verwandeln sich und bekommen in ihrer neuen Organisation und Gestalt eine andere Erfahrungsdynamik. 4. Für die Fuhrwerkswaage in Köln konzipiert Christel Fetzer die neue Rauminstallation „Entrez“. Weitergehend auf dem Arbeitsgedanken von Detmold basierend, konstruiert die Künstlerin eine Holzwand aus verschiedenen Teilen. Wie auch in Detmold sind die Charakteristika der Holzstücke unterschiedlich. In Köln aber ist die Arbeit horizontal orientiert, was beim Betreten des Raumes eine tiefe oder eine perspektivische Illusion schafft. Da durch ihre Arbeit eine Art Korridor entsteht, hat man einen fast körperlichen Bezug zu dieser Arbeit. Man erfährt die unterschiedlichen Qualitäten der Oberflächen, das Relief der Arbeit und eine fast zeitgenössische Variante eines „Bas-Relief“ – erfährt man nur wenn man Christel Fetzers eigentliche Ausstellungsfläche betritt: einen leeren Raum. Oder verraten Details in der „Bearbeitung der Leere“ Christel Fetzers Umgang mit Raum? 5. WYSIWYG. What you see is what you get. Ein bekannter Begriff aus dem Computer- und Softwarebereich. WYSIWYG ist eine Applikation, die jemandem die Möglichkeit gibt, auf dem Schirm genau das gleiche zu sehen, was er als Dokument ausdrucken würde. Auch in Christel Fetzers Arbeiten gilt: „Was man sieht, ist was man bekommt“. Oder „bekommt man dafür mehr?“ Werden einem nicht auch Fragen über die heutzutage mögliche Auseinandersetzungen mit Malerei oder malerischen Prinzipien angeboten? |
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Baumblühn, von Bernhart Schwenk
„(...) Christel Fetzer besetzt eine kleine Wiese mit zersägten Baumstämmen, die sie auf den Schnittflächen mit Kreisen in unterschiedlichen Farben bemalt hat. Die Zeichen erinnern an die Markierung der Forstarbeiter, doch sie unterwerfen sich keinem System, und ihre Bedeutung bleibt offen. Die ornamentale Anordnung der Objekte betont die Ambivalenz im Zwischenbereich von Restnatur (Rodung) und Gartenmobiliar (Sitzgelegenheiten, Papierkörbe). Als Kunstwerk mit dem Titel Baumblühen verweist der Eingriff auf die strengen und zugleich malerischen Prinzipien des Schmuckgartens in der unmittelbaren Nachbarschaft (..)“ |
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Pepperland ...Die collagenhafte zusammengesetzte Verwendung
von Alltagsmaterialien finden wir auch bei Christel Fetzer, hier im
Raum über mir. |
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