Christel Fetzer Entrez
   
 
  WYSIWYG von Philippe Van Cauteren

1 .„Das reduzierte geometrische Formvokabular und die häufige Verwendung vorfabrizierter Elemente bis hin zur Mechanisierung des gesamten Herstellungsprozesses...“ Dieses Satzfragment ist kein Zitat aus einem Text über die neuen Arbeiten von Christel Fetzer – aber es könnte so sein. Der Satz stammt von Sebastian Egenhofer, der in Dumonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst das Lemma Minimalismus unter die Lupe nimmt. Unabhängig davon ob Christel Fetzer sich an dem „historischen“ Minimalismus orientiert oder nährt, sicher ist, dass die Arbeitslogik und Materialverwendung des Minimalismus in Christel Fetzers Arbeiten latent anwesend sind: sie sind fortwährend schwanger mit Form und Raum.

2. Im Oktober 2003 realisierte die Künstlerin unter dem Titel „es war Tom Sawyer“ eine ortspezifische Installation für das art kite museum in Detmold. Außerhalb des Museums, einem damaligen Flugzeughangar, befindet sich eine 24 Meter Lange Seilreißanlage aus Beton. Gegen den geometrischen Betonkörper lässt Christel Fetzer über die ganze Länge unterschiedliche Holzstücke lehnen.
Die Holzbretter unterscheiden sich in Länge, Höhe und Breite und in der Textur und Holzqualität. Neben industriell angefertigten Holzteilen stehen zum Beispiel hell fluoreszent-orange angemalte Kleinteile und laminierte Holzplatten. Betrachtet man die Arbeit aus größerer Distanz sieht es aus, als wenn die Anlage hinter der polychromen Rhythmik von Christel Fetzers „Malerei“ verschwinden würde.

3. Beim verlassen von Christel Fetzers Atelier in Köln bekomme ich eine mit kleinformatigen Aquarellen in die Hand. „Und das ist was ich zu Hause mache“, sagt die Künstlerin. Die Aquarelle sind schnell gemachte, lebendige Wiederholungen von dem gleichen Motiv: Berge. Christel Fetzer ist im Grunde genommen eine Malerin. Aber eine Malerin die den Duktus des Malens hinter sich lässt und durch die Verwendung von industriell vorgefertigten Materialien (Lack, Plastikfolie, Klebebänder, Neonröhren, Deuserbänder, Holzsorten...) die Spannung zwischen Fläche, Form, Farbe und Raum untersucht. Reflexionen einer Spiegelfolie auf dem Boden sind ihr fast ebenso wichtig wie die eigentliche Arbeit. Manche Arbeiten verwandeln sich und bekommen in ihrer neuen Organisation und Gestalt eine andere Erfahrungsdynamik.

4. Für die Fuhrwerkswaage in Köln konzipiert Christel Fetzer die neue Rauminstallation „Entrez“. Weitergehend auf dem Arbeitsgedanken von Detmold basierend, konstruiert die Künstlerin eine Holzwand aus verschiedenen Teilen. Wie auch in Detmold sind die Charakteristika der Holzstücke unterschiedlich. In Köln aber ist die Arbeit horizontal orientiert, was beim Betreten des Raumes eine tiefe oder eine perspektivische Illusion schafft. Da durch ihre Arbeit eine Art Korridor entsteht, hat man einen fast körperlichen Bezug zu dieser Arbeit. Man erfährt die unterschiedlichen Qualitäten der Oberflächen, das Relief der Arbeit und eine fast zeitgenössische Variante eines „Bas-Relief“ – erfährt man nur wenn man Christel Fetzers eigentliche Ausstellungsfläche betritt: einen leeren Raum. Oder verraten Details in der „Bearbeitung der Leere“ Christel Fetzers Umgang mit Raum?

5. WYSIWYG. What you see is what you get. Ein bekannter Begriff aus dem Computer- und Softwarebereich. WYSIWYG ist eine Applikation, die jemandem die Möglichkeit gibt, auf dem Schirm genau das gleiche zu sehen, was er als Dokument ausdrucken würde. Auch in Christel Fetzers Arbeiten gilt: „Was man sieht, ist was man bekommt“. Oder „bekommt man dafür mehr?“ Werden einem nicht auch Fragen über die heutzutage mögliche Auseinandersetzungen mit Malerei oder malerischen Prinzipien angeboten?

Philippe Van Cauteren